Sehr geehrte Damen und Herren,
unser Verbandsausschuss hat wegen der unzureichenden Impfpriorisierung von Feuerwehrkräften einstimmig eine Resolution mit dem Titel „Feuerwehren schnellstens vor Corona-Infektionen schützen!“ beschlossen. Der VdF hat diese Resolution dem Bundes- und NRW-Landesgesundheitsminister zugestellt. Der Städte- und Gemeindebund NRW hat unsere Resolution im Namen der Feuerschutzträger mit einem eigenen Anschreiben an den Landesgesundheitsminister unterstützt.
Nunmehr haben wir eine Antwort des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, erhalten (Anlage). Minister Laumann lehnt die Forderungen der Feuerwehren aus uns völlig unverständlichen Gründen ab.
Wir fordern von der Landesregierung weiterhin und mit demselben Nachdruck, die Impfpriorisierung zu korrigieren. Hierbei geht es vor allem um ein Vorziehen der Feuerwehren innerhalb der Prioritätsstufe 3, in die sie aktuell durch den Bund eingruppiert sind. Die Feuerwehren stehen dort auf Augenhöhe mit allen anderen Kräften aus dem undefiniert weiten Bereich der kritischen Infrastruktur; alle sind in ihrem Tätigkeitsfeld bedeutsam, aber häufig, anders als die Feuerwehren, dabei ohne jeden Kontakt untereinander oder zu Dritten tätig. Die Feuerwehren bleiben bei ihren Einsätzen tagtäglich Kontaktgefahren untereinander und zu Dritten ausgesetzt.
Die Prioritätsstufe 3 ist insgesamt so uferlos groß, dass schon allein organisatorisch nicht alle gleichzeitig geimpft werden können. Wir fordern daher den Landesgesundheitsminister auf, durch einen Erlass die Feuerwehren ganz an den Anfang der Prioritätsstufe 3 zu stellen. Die Impfungen können in diesem Fall problemlos und kurzfristig von Feuerwehrärzten bei Sammelterminen an den Feuerwehrhäusern durchgeführt werden, ohne auf die komplizierte und schon heute überlastete Terminplanung der Impfzentren angewiesen zu sein.
Mit größtem Unverständnis haben viele Feuerwehreinheiten darauf reagiert, dass Grund- und Förderschullehrer sowie Kita-Personal vom Bund in die Stufe 2 gehoben und von der Landesregierung dann umgehend vor vielen anderen Gruppen aus der Priorität 2 mit Impfschutz bedient wurden. Hierzu schweigt sich das Schreiben von Herrn Minister Laumann leider völlig aus. Wir erwarten aber, dass der Minister sich mit gleicher Zuwendung auch um die Feuerwehren kümmert.
Tagesaktuell erfahren wir zudem, dass in einzelnen Impfzentren durch die Anwendungsänderungen für den AstraZeneca-Impfstoff jetzt akut freiwerdende Impfdosen von BioNTech wieder an bestimm-te Gruppen, z. B. an Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften, weiterverteilt werden, ohne dass die Feuerwehren hierbei Berücksichtigung fänden. Wir sehen darin eine weitere verpasste Chance.
Wir wollen all solchen Impfpriorisierungen nicht widersprechen. Wir sehen als Feuerwehren aber irritiert dabei zu, dass z. B. die Schulen und Kitas (und ihr jetzt geimpftes Personal) erstens nun im Ferienbetrieb sind und zweitens unter Umständen nach den Ferien absehbar gar nicht mehr in einen Regelbetrieb gehen. Unsere Einsatzkräfte können indes auch bei steigenden Infektionszahlen nicht in „Distanzarbeit“ wechseln oder den Betrieb einstellen, sondern müssen unverändert tagtäglich unter Inkaufnahme des damit verbundenen Infektionsrisikos den Schutz der Bevölkerung sicherstellen.
Wir leiten aus dem Schreiben von Herrn Minister Laumann die folgenden Prüfungsschritte ab:
- Prüfungsschritt 1: Feuerwehrangehörige, die Aufgaben im Bereich des Rettungsdienstes wahrnehmen, gehören gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 CoronaImpfV der Prioritätsstufe 1 an. Maßgeblich ist dabei gemäß Schreiben des Ministers eine Tätigkeit in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem direkten, unmittelbaren Patientenkontakt. Diese Voraussetzungen dürften im Regelfall bei Feuerwehrangehörigen, die sog. First-Responder-Einheiten angehören oder regelmäßig beispielsweise zu Tragehilfeeinsätzen für den Rettungsdienst o. ä. herangezogen werden, gegeben sein. Insofern regen wir an zu prüfen, ob alle zu diesem Personenkreis zählenden Feuerwehrangehörigen der zutreffenden Prioritätsgruppe zugeordnet wurden.
- Prüfungsschritt 2: Herr Minister Laumann weist auf Seite 2, dritter Absatz auf die Regelung für die Prioritätsstufe 2 in § 3 Abs. 1 Nr. 6 CoronaImpfV hin:
„Ein weiterer Ausnahmefall ist gegeben, sobald Personen im Rahmen ihrer Feuerwehrtätigkeit als Einsatzkräfte zur Sicherstellung der „öffentlichen Ordnung" einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Hier besteht laut § 3 Abs. 1 Nummer 6 ein Anspruch auf Schutzimpfungen mit hoher Priorität (2. Stufe). Dies muss jedoch immer im Einzelfall vor Ort entschieden werden.“
Der Begriff der „öffentlichen Ordnung“ ist im renommierten „Creifelds Rechtswörterbuch“ (22. Auflage 2017) wie folgt definiert (Seite 1189): „Der Begriff der öffentlichen Ordnung bezeichnet die Gesamtheit der (zT ungeschriebenen) Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Gemeinschaftslebens angesehen wird; der Begriff ist nach Ort und Zeit unterschiedlicher Auslegung zugänglich, die sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls richtet.“ In diesem Zusammenhang regen wir an, nach den örtlichen Verhältnissen zu prüfen, inwieweit die genannten Voraussetzungen vorliegen und nach dieser Regelung Feuerwehrangehörige der Prioritätsstufe 2 zugeordnet werden können. Auch in diesen Fällen muss eine zeitnahe Impfung möglich sein.
- Prüfungsschritt 3: Bei den Feuerwehrangehörigen, die nicht in die Priorisierung nach den Stufen 1 und 2 eingeordnet werden, stellt sich die Frage, welche Priorisierung sie innerhalb der Prioritätsstufe 3 erfahren. Soweit im Rahmen der Impffreigabe für die Prioritätsstufe 3 durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales keine anderslautenden Prioritäten vorgegeben werden, regen wir an zu prüfen, ob eine Freigabe der Impfung von Feuerwehrangehörigen ab dem Beginn der Impfungen in der Prioritätsstufe 3 ermöglicht werden kann.
- Weiterer Hinweis: Ehrenamtliche Feuerwehrangehörige sind in aller Regel über Funkmeldeempfänger erreichbar und sind grundsätzlich auf bedarfsabhängige sofortige Verfügbarkeit eingestellt. Sofern bei Vorliegen von Impfstoffresten in den Impfzentren keine höher priorisierten Personenkreise in ausreichender Kurzfristigkeit erreichbar sind, bietet sich ein entsprechendes Impfangebot an extrem kurzfristig verfügbare Angehörige der Feuerwehren an. Daher regen wir an zu prüfen, ob eine Berücksichtigung von impfwilligen Feuerwehrangehörigen im Rahmen der Nutzung von Impfstoffresten auf Ebene der jeweiligen Impfzentren in Frage kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Verband der Feuerwehren in NRW e. V.
Bernd Schneider
Stellv. Vorsitzender