In vielen Freiwilligen Feuerwehren sind feuerwehrtechnische Fertigkeiten der Mitglieder inzwischen aufgrund seit teilweise mehr als zwölf Monaten andauernder Aussetzung des Dienstbetriebs reduziert. Dies kann nachhaltige Einschränkungen der Einsatzfähigkeit der Feuerwehr zur Folge haben. Daher wird in vielen Feuerwehren schon seit geraumer Zeit die Frage gestellt, ob – und wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen – der Lehrgangs- und Übungsdienstbetrieb trotz der fortdauernden Covid-19-Pandemie wieder aufgenommen werden kann.
1. Ausgangslage
Grundlage der gesamten Überlegungen ist die DGUV-Vorschrift 49 (UVV Feuerwehren).
§ 6 DGUV Vorschrift 49
Persönliche Anforderungen und Eignung
(1) Die Unternehmerin oder der Unternehmer darf Feuerwehrangehörige nur für Tätigkeiten einsetzen, für die sie körperlich und geistig geeignet sowie fachlich befähigt sind.
Gemäß dieser Vorschrift kann eine Gemeinde nur unter o. g. Gesichtpunkten Feuerwehrangehörige einsetzen. Nach nunmehr – je nach örtlicher Entscheidung im Jahr 2020 – inzwischen bis zu zwölf Monaten ohne praktischen Übungsdienst kann nicht mehr flächendeckend von einer fachlichen Befähigung aller Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ausgegangen werden.
2. Derzeitige Situation in Nordrhein-Westfalen
Abweichungen von den sehr stringenten Regelungen der CoronaSchVO sind nach § 7 möglich wie folgt:
§ 7 CoronaSchVO v. 05.03.2021 in der Fassung vom 29.03.2021
Weitere außerschulische Bildungsangebote
(1) Sämtliche Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsangebote einschließlich kompensatorischer Grundbildungsangebote sind in Präsenz untersagt, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist.
(…)
(1b) Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von den vorstehenden Regelungen zulassen, wenn das aus dringenden medizinischen oder therapeutischen Gründen geboten ist oder die Bildungsangebote eine besondere Bedeutung für die nachhaltige Sicherung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Polizei und Feuerwehren, der medizinischen Versorgung oder Pandemiebewältigung haben und die Bildungseinrichtungen über ausreichende Hygienekonzepte verfügen.
Zuständige Behörde im Sinne des § 7 Abs. 1b CoronaSchVO ist gemäß § 17 Abs. 1 CoronaSchVO die örtlich zuständige (gemeindliche) Ordnungsbehörde.
Ebenso ist in diesem Zusammenhang der Erlass „Besondere Regelungen für die Durchführung der feuerwehrtechnischen Vorbereitungsdienste aufgrund der aktuellen Gesundheitslage“ des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2021 zu beachten, der entgegen dem Wortlaut des Titels auch Hinweise zur Ausbildung in Freiwilligen Feuerwehren enthält. Dieser Erlass ist dieser Fachempfehlung als Anlage beigefügt.
Danach sind Ausbildungsveranstaltungen nur dann zulässig, wenn diese „zur nachhaltigen, dringend erforderlichen Einsatzfähigkeit der Feuerwehren zwingend notwendig sind und bei denen die Hygieneschutzmaßnahmen und der Kontext, in dem die Ausbildung stattfindet (z.B. geschlossene Gruppen ohne häufigen Personalwechsel mit Dokumentation der Teilnehmenden, während des Lehrgangs keine Vermischung mit anderen Feuerwehrmitgliedern, keine Teilnahme an anderen Dienstveranstaltungen während der Lehrgangsdauer) dies vertretbar erscheinen lassen.“
Ferner wird vorausgesetzt, dass sämtliche Möglichkeiten zur Vermeidung von Präsenzzeiten wie beispielsweise die Vermittlung theoretischer Kenntnisse mittels virtueller Online-Ausbildung konsequent zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus legt das Ministerium des Innern nahe, die Entscheidung über die Inanspruchnahme dieser Regelungen aufgrund der besonderen Verantwortung, die damit einhergeht, durch die jeweiligen Hauptverwaltungsbeamten (bei Feuerwehren also Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister) treffen zu lassen.
Eine funktionierende Feuerwehr ist für eine nachhaltige Sicherung der öffentlichen Sicherheit erforderlich. Daher ist es eigenes Interesse der Ordnungsbehörden, die Einsatzfähigkeit der gemeindlichen Feuerwehr sicherzustellen und, um dieses Ziel zu erreichen, entsprechend die Durchführung der Lehrgänge und Übungsdienste zu ermöglichen.
3. Standpunkt der Unfallkasse NRW
Die Unfallkasse NRW hat in ihrem Feuerwehrreport 3/2021 vom 30.03.2021 betont, dass sowohl sogenannte Covid-19-Schnelltests als auch Impfungen gegen Covid-19 die Sicherheit und Gesundheit der Feuerwehrangehörigen schützen können:
„Antigentests auf SARS-COV-2 können eine Präventionsmaßnahme in Bezug auf die Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus in Feuerwehren darstellen. Einige Feuerwehren nutzen oder planen bereits diese Möglichkeiten. Die Verwendung von Antigentests auf SARS-COV-2 kann den Gesundheitsschutz in den Feuerwehren erhöhen und daher auch in der Gefährdungsbeurteilung der Träger der Feuerwehren berücksichtigt werden (vgl. § 4 DGUV Vorschrift 49 UVV „Feuerwehren“).(…) Die Möglichkeit, Antigentests auf SARS-COV-2 in die jeweiligen Hygienekonzepte zu integrieren, besteht auch über den Anwendungsbereich von Wiederholungsübungen auf SARS-COV-2 hinaus, insbesondere bei den „Ersatzbelastungsübungen“/„ Alternative Übungen“ aber auch im praktischen Übungsdienst außerhalb geschlossener Räumlichkeiten, die zum Erhalt der dringend erforderlichen Einsatzfähigkeit der Feuerwehren zwingend notwendig sind.“ Diese Hinweise sollten bei der Nutzung der oben genannten Ausnahmeregelungen beachtet werden.
4. Möglichkeiten des Lehrgangs- und Übungsdienstbetriebs
Vor diesem Hintergrund kann derzeit Lehrgangs- und Übungsdienstbetrieb in Freiwilligen Feuerwehren unter folgenden Voraussetzungen erfolgen und wird seitens des VdF NRW als verantwortbar angesehen:
- Hygienekonzept
Ein mit der örtlichen Ordnungsbehörde abgestimmtes Hygienekonzept liegt vor und findet Beachtung.
- Zustimmung der örtlichen Ordnungsbehörde
Vorliegen einer Zustimmung der örtlichen (gemeindlichen) Ordnungsbehörde gemäß §§ 7 Abs. 1b, 17 Abs. 1 CoronaSchVO in Textform (E-Mail oder Schriftform)
- Anordnung des HVB
Vorliegen einer entsprechenden Anordnung des HVB
- Schnelltest
Vor jedem Lehrgangstag und vor jedem Übungsdienst unterziehen sich alle Übungsteilnehmer einem in Deutschland zugelassenen Schnelltest. Das Testergebnis ist unter Beachtung von Datenschutzbestimmungen zu dokumentieren. Nur taggenau negativ getestete Feuerwehrangehörige dürfen am Lehrgangs- bzw. Übungsdienstbetrieb dieses Kalendertages teilnehmen.
Sollte der Test positiv ausfallen, nimmt der Teilnehmer nicht am Übungs-/Ausbildungsdienst teil. Es ergeht eine Meldung an das Gesundheitsamt zur Durchführung eines PCR-Tests.
Die Gemeinde stellt als Träger der Feuerwehr die Schnelltests zur Verfügung. Eine entsprechende Schulung zur Durchführung der Tests ist bei Bedarf durch die Gemeinde zu veranlassen.
Für alle Bereiche sind am gleichen Tag an anerkannten Teststellen durchgeführte Schnelltests nach Vorlage des Testergebnisses anzuerkennen. Für jede Übungsgruppe sind mindestens 2 Hygieneverantwortliche zu benennen.
- Gruppengröße
Die gesamte Ausbildung findet in Gruppen mit max. zwölf Teilnehmern nur im Außenbereich statt. In begründeten Ausnahmefällen ist eine Ausbildung in der Fahrzeughalle möglich, wobei währenddessen alle verfügbaren Hallentore zu öffnen sind.
- Sicherheitsabstand
Ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern ist, soweit möglich, einzuhalten.
- Schutzmasken
Während der gesamten Ausbildung ist das Tragen einer FFP-2-Maske oder eines medizinischen Mundschutzes (sog. OP-Maske) sicherzustellen.
Diese Empfehlung gilt für alle Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr mit Ausnahme der Ehrenabteilung und der Abteilung Feuerwehrmusik. Die Empfehlungen für Möglichkeiten des Lehrgangs- und Übungsdienstbetriebs gelten ausdrücklich nicht für das Einsatzgeschehen.
5. Beurteilungszeitpunkt
Die Inhalte dieser Fachempfehlung beruhen auf der zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses (31.03.2021) geltenden Verordnungs- und Erlasslage. Bei Änderung der rechtlichen oder faktischen Rahmenbedingungen kann eine Neubewertung der Pandemielage erforderlich werden. Sowohl das geltende Infektionsschutzrecht einschließlich der jeweiligen CoronaSchVO als auch für den Feuerwehrdienst relevante Erlasse des Ministeriums des Innern sowie sonstige Verfügungen der Aufsichtsbehörden sind zu beachten; die gemeindlichen Aufgaben nach § 3 BHKG werden gemäß § 2 Abs. 2 BHKG als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen.
6. Weitere allgemeine Hinweise, auch für den Einsatzdienst
Darüber hinaus wird empfohlen, die nachfolgenden Verhaltensregeln verbindlich für den gesamten Feuerwehrdienst einzuführen, sofern noch nicht geschehen:
- Nur gesunde Einsatzkräfte nehmen am Feuerwehrleben (Einsatz und Ausbildung) teil. Personen mit Symptomen wie z. B. Husten, Kratzen im Hals, Infektionsanzeichen, Fieber, Geschmacks- oder Geruchslosigkeit oder mit Kontakt mit gesicherten COVID-19-Fällen oder nach Aufenthalt in einem Risikogebiet bleiben (auch im Alarmfall!) fern. Gleiches gilt für Personen, bei denen sich Angehörige desselben Hausstandes in angeordneter Quarantäne befinden. Beispiel: Ein im selben Hausstand lebendes Kind ist in Quarantäne; Folge: Angehörige dieses Kindes nehmen während der Quarantäne nicht am Dienstbetrieb der Feuerwehr teil.
- Meiden von Menschenansammlungen
- Kein Händeschütteln oder andere enge Begrüßungsrituale
- Husten- und Nies-Etikette beachten
- Schutzkleidung wird vollständig und geschlossen getragen, ggf. zusätzliche Schutzausrüstung (z. B. Schutzbrille)
- Regelmäßiges und häufiges Händewaschen, insbesondere vor und nach dem Dienst
- Großzügiges regelmäßiges Desinfizieren der Hände